Joggen ist eine der beliebtesten Sportarten, um sich fit zu halten. Aber wie viel solltest du dich beim Laufen anstrengen? Welcher Puls ist normal und welcher Herzfrequenz ist für ein effektives Training entscheidend?
Dieser Artikel soll dir einen Überblick über die Thematik verschaffen und dir helfen, deine optimale Herzfrequenz für das Joggen zu bestimmen.
Inhaltsverzeichnis
- Mein Puls beim Laufen ist zu hoch
- Wie hoch darf der Puls beim Laufen sein?
- So bestimmst du deine Herzfrequenz beim Laufen
- Mit welcher Herzfrequenz soll ich trainieren?
Mein Puls beim Laufen ist zu hoch
Gerade wenn du neu mit Joggen anfängst, kann es sein, dass dich die Herzfrequenz beim Laufen besonders aufregt. Alle scheinen im Internet eine andere Zahl zu posten und keiner weiß so genau, ob der Puls nun richtig oder falsch ist.
Die Wahrheit ist: Es gibt leider keine allgemeingültige Antwort auf die Frage.
Denn deine optimale Herzfrequenz – also diejenige, bei der du am effektivsten trainierst – ist von ganz vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig. Wie fit bist du bereits? Was ist dein Alter? Bist du männlich oder weiblich? Welches Tempo fühlt sich für dich angenehm an? Und noch viele, viele mehr.
Brauche ich als Laufeinsteiger eine Pulsuhr?
Richtig ist, Laufeinsteiger tun sich mit der Pulskontrolle schwer. Das ist auch völlig normal, denn ihre Ausdauer ist noch nicht ausreichend entwickelt und die Belastung des Herzkreislaufsystems ist bei jedem Lauf hoch.
Daher rate ich ihnen auch von der Nutzung von Pulsuhr oder Pulsmesser ab. Die Höhe der angezeigten Pulswerte verwirren mehr, als dass sie nützen und es gibt bessere Methoden der Trainingssteuerung. Eine davon ist die Run-Walk-Methode, bei der du deinen Trainingspuls durch abwechselndes Laufen und Gehen steuerst.
So lernst du auch schneller, deinen Körper per Gefühl einzuschätzen. Erfahrene Läufer können in der Regel ziemlich genau ihre momentane Herzfrequenz abschätzen. Auch ohne den Blick auf die Uhr.
Was viele Läufer falsch machen
Anders schaut es natürlich aus, wenn du schon länger läufst und erst recht, wenn du deine Leistungsgrenze nach oben verschieben möchtest. Dann ist es wichtig, dein Lauftraining im richtigen Trainingsbereich durchzuführen.
Doch was heißt das genau? Welcher Bereich ist denn der richtige? Dazu später mehr.
Grundsätzlich gilt, dein Lauftraining mit unterschiedlicher Pace durchzuführen. Den Großteil des mit sehr geringer Trainingsintensität und ein flottes Intervall in der Nähe deines Maximalpuls.
Und genau das machen viele – zum Teil auch ambitionierte – Sportler falsch. Sie laufen mit zu hoher Geschwindigkeit, wenn sie im niedrigen Pulsbereich unterwegs sein sollten. Und sie laufen zum Beispiel ein Intervall mit einem zu niedrigen Puls.
Das „Problem“ an der Sache: Du erreichst nicht deine maximal mögliche Leistungsfähigkeit und Fitness.
Wie hoch darf der Puls beim Laufen sein?
Wenn du effektiv trainieren möchtest, ist es entsprechend wichtig, deinen Puls im Auge zu behalten. Denn je nachdem, wie schnell du läufst und wie fit du bist, kann dein Puls ganz unterschiedlich ausfallen.
Aber keine Sorge: Mit ein paar einfachen Tipps kannst du ganz leicht herausfinden, welcher Puls für dich ideal ist.
Was ist deine maximale Herzfrequenz
Zunächst einmal solltest du wissen, dass es eine maximale Herzfrequenz gibt, die jeder Mensch hat. Diese ist von verschiedenen Faktoren abhängig, wie zum Beispiel dem Alter, dem Geschlecht, der Genetik, der ausgeführten Belastung (Sportart) und zu einem kleinen Teil auch der körperlichen Fitness abhängig.
Im Allgemeinen gilt aber: Je älter man ist, desto niedriger ist die maximale Herzfrequenz. Du findest im Netz deshalb sehr oft, dass du deine maximale Herzfrequenz (HFmax) berechnen kannst.
Eine gängige Formel mit einigen Ungenauigkeiten
Die üblichste Formel zur Berechnung der maximalen Herzfrequenz lautet: 220 minus Alter in Jahren. So errechnest du beispielsweise, dass deine maximale Herzfrequenz bei 180 Schlägen pro Minute (bpm) liegt, wenn du 40 Jahre alt bist.
Aber – und hier kommt die Einschränkung – diese Berechnung ist ungenau und es kann zu Abweichung von 10 bis 15 Schlägen pro Minute nach oben oder unten kommen. Natürlich liegt ein Großteil der Sportler ungefähr in der Mitte, doch was, wenn das auf dich nicht zutrifft?
Sportwissenschaftler haben zudem herausgefunden, dass die Formel die HFmax bei Personen oberhalb des 4. Lebensjahrzehnts unterschätzt.
Die bessere Formel zur Berechnung deiner maximalen Herzfrequenz
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Nicht-Berücksichtigung des Geschlechts. Frauen haben in der Regel einen etwas niedrigeren Maximalpuls als Männer. Eine etwas genauerer Formel berücksichtigt das:
- Frauen: 206 – (Alter x 0,88 )
- Männer: 207 – (Alter x 0,88 )
In unserem Beispiel ergibt das bei einer 40-jährigen Frau 171 Schläge pro Minute, während der 40-jährige Mann einen Maximalpuls von 172 Schlägen pro Minute hat. Die mögliche Abweichung ist aber auch bei dieser Formel gleich.
Doch das ist nicht alles: Hochtrainierte Ausdauersportler können eine niedrigere HFmax als Untrainierte aufweisen. Das Gewicht spielt aber bei der Berechnung keine Rolle.
Gängige Sportuhren nutzen übrigens die Standard-Formel als Ausgangspunkt zur Berechnung der Herzfrequenz deiner Trainingsbereiche. Erst wenn du sie länger trägst und unter Umständen (und sei es durch einen Messfehler) einen höheren Maximalpuls hast, passen die Uhren von Herstellern wie Garmin oder Polar automatisch die Bereiche an.
Sich also blind auf die Trainingsbereiche deiner Uhr zu verlassen, ist nicht ganz optimal. Zumal ein Maximalpuls für jeden Sport angenommen wird. So ganz richtig ist das aber nicht, denn auf dem Rad kann nur die absolute Elite ihre Herzfrequenz ans Limit bringen.
Welche Rolle spielt der Ruhepuls?
Im Gegensatz zur maximalen Herzfrequenz ist der Ruhepuls ein größerer ein Indikator für deine Fitness. Der Ruhepuls gibt an, wie viele Schläge das Herz pro Minute hat, wenn man vollständig erholt ist.
Der Ruhepuls liegt bei Erwachsenen üblicherweise zwischen 50 und 100 Schläge pro Minute. Je fitter du bist, desto niedriger ist in der Regel dein Ruhepuls. Extrem gut trainierte Ausdauersportler haben in der Regel einen sehr niedrigen Ruhepuls, der auch gerne mal bis 40 Schläge pro Minute hinuntergehen kann.
Um deinen Ruhepuls herauszufinden, kannst du am besten früh am Morgen direkt nach dem Aufwachen deine Herzschläge im Ruhezustand messen und diesen Wert dann als Ruhepuls festlegen. Wenn du deine Pulsuhr über Nacht trägst, erkennst du den Wert auch dort.
Der optimale Puls beim Joggen
So viel zur Theorie, doch was heißt das in der Praxis? Wie hoch sollte dein Puls beim Joggen sein? Die Antwort darauf ist leider mal wieder nicht ganz so einfach.
Als Erstes entscheidet das Ziel deines Trainings. Ein Training mit hohem Tempo stellt eine andere Belastung dar, als ein ruhiger Lauf mit einer Trainingsdauer von 90 Minuten und mehr. Dementsprechend verhält sich dein Trainingspuls natürlich völlig anders.
Auch ist entscheidend, ob du dich gerade im Aufbau- oder Grundlagentraining befindest oder ob du in der Phase kurz vor einem Wettkampf bist.
Und schließlich ist deine Laufstrecke noch ein wichtiger Aspekt. Wenn du an einer steilen Stelle läufst, wirst du höheren Puls haben, als bergab. Das ist völlig normal und daher musst du nicht gleich in Panik ausbrechen, wenn mal dein Puls über 170 Schläge pro Minute geht.
Außerdem solltest du deinen Puls immer im Durchschnitt für einen bestimmten Streckenabschnitt betrachten. Deine Pulsuhr hat abhängig von der Methode der Messung eine Verzögerung in der Anzeige.
So bestimmst du deine Herzfrequenz beim Laufen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, deine Herzfrequenz beim Laufen zu bestimmen. Die genaue Messung erfordert in der Regel einen Pulsmesser. Moderne Sport- und Fitnessuhren messen die Schläge deines Herzens am Handgelenk. Besser, weil genauer, wäre aber die Verwendung eines Pulsgurtes im Brustbereich deines Körpers.
Andere Indikatoren (zum Beispiel Gefühl, Schwitzen, Hautfärbung) sind für ein effektives Training ungeeignet.
Brauchst du eine Leistungsdiagnostik?
Zweifellos ist eine Leistungsdiagnostik die beste Möglichkeit, um deinen ganz persönlichen Bereich des Trainings festlegen zu lassen. Die Leistungsdiagnostik ist ein Test, der dazu dient, die Fähigkeiten des Herz-Kreislaufsystems und des muskulären Stoffwechsels zu bestimmen.
Anhand der Ergebnisse kannst du deine individuellen Trainingsbereiche anhand der ermittelten Herzfrequenzen genau festlegen. Diese Bereiche sind wichtig, da sie dir vorschreiben, mit welcher Herzfrequenz oder in welcher Pace du laufen solltest, um verschiedene Arten von Ausdauer zu trainieren, wie Grundlagenausdauer, Tempohärte oder wettkampfspezifische Ausdauer.
Üblich sind zwei Methoden, von denen keine besser oder schlechter ist. Zum einen der Laktattest und zum anderen die Spiroergometrie. Einmal wird über das Blut das Laktat gemessen und beim anderen über deinem Atem die Sauerstoffkonzentration.
In jedem Fall ist eine Leistungsdiagnostik sehr anstrengend und du solltest in der Lage sein, eine gewisse Zeit mit hoher Herzfrequenz an deiner Belastungsgrenze zu laufen. Aus diesem Grund ist eine Leistungsdiagnostik eher den erfahrenen Läufern vorbehalten.
Bei Einsteigern oder weniger trainierten Sportlern passiert es dagegen oft, dass sie sich gar nicht so eine hohe Belastung schaffen und somit die Ergebnisse massiv verfälscht werden. Leider fragen viele Institute die Lauferfahrung im Vorfeld viel zu selten ab.
Als Trainer habe ich leider schon viele Ergebnisse einer Leistungsdiagnostik gesehen, die das Papier nicht wert waren, auf dem sie standen. In diesem Fall ist es schade um das Geld und die vertane Möglichkeit.
Leistungstest und Berechnungen – die Alternativen zur Leistungsdiagnostik
Eine Alternative zur Leistungsdiagnostik ist ein Testlauf. Allerdings musst du auch hier absolut an deine Belastungsgrenze gehen. Ein hohes Maß an Leidensfähigkeit und Motivation ist also Voraussetzung.
Die im deutschsprachigen Raum sehr verbreitet Laufcampus-Methode sieht zum Beispiel den LC1000-Test vor. Bei diesem Test läufst du nach einer mindestens 15-minütigen Aufwärmphase und einer kurzen Ruhepause 1000 Meter so schnell du kannst.
Im Ziel solltest du dabei deine höchste Geschwindigkeit erreicht haben. Kurz nach Überquerung der virtuellen Ziellinie schaust du auf deine Sportuhr und siehst den höchsten Wert und damit deine maximale Herzfrequenz.
Mit dieser kannst du dann deine Trainingsbereiche berechnen. Selbstverständlich geht das auch – mit den erwähnten Nachteilen – auch mit dem errechneten Maximalpuls.
Die Trainingsbereiche im Ausdauertraining
Im Ausdauertraining haben sich 5 Trainingsbereiche herauskristallisiert. Die Bezeichnung der Bereiche ist je nach Philosophie ein wenig unterschiedlich, das Prinzip dahinter ist aber in jeder Trainingslehre gleich, auch wenn die Werte leicht abweichen.
Die Abweichung ist übrigens nicht nur der Philosophie nach bedingt, sondern ist bei jedem Sportler individuell. Das zeigt sich sehr gut zum Beispiel am Ergebnis eines sehr guten Laktatstufentest. Daher sind die Prozentwerte nicht absolutistisch zu sehen, sondern deren Übergänge fließend!
- Regenerationsbereich – REKOM
- Puls bis 65 % der HFmax
- Belastungsempfinden sehr leicht – ganz langsames Traben
- Ganz langsamer Dauerlauf zur Förderung deiner Regeneration, wird nur selten im Training von Spitzensportlern eingesetzt. Die meisten Hobbyläufer schaffen es nicht, mit so einem niedrigen Trainingspuls zu joggen.
- Grundlagenausdauer – GA1
- Puls 65 – 80 % der HFmax
- Belastungsempfinden leicht – langsamer / lockerer Dauerlauf bis knapp an das Wohlfühltempo
- In diesem Bereich findet das meiste Training statt. Du kannst dich bei diesem Trainingspuls problemlos unterhalten.
- Grundlagenausdauer – GA2
- Puls 80 – 85 % der HFmax
- Belastungsempfinden etwas schwer – Tempo ist anstrengend und ermüdend
- Diesen Bereich solltest du für ein effektives Training weitgehend meiden und nur in der gezielten Wettkampfvorbereitung einsetzen. Der Bereich lässt dich beim Laufen schnell ermüden, macht aber nicht schneller. Unterhaltung findet nur noch in kurzen Sätzen statt.
- Entwicklungsbereich – EB
- Puls 85 – 95 % der HFmax
- Belastungsempfinden schwer – Tempo im Intervalltraining
- Intervalle und auch kürzere Tempoläufe finden in diesem Bereich statt. Du verbesserst in diesem Bereich dein Tempo. Es ist richtig anstrengend und du kannst nur noch einzelne Wörter sprechen.
- Spitzenbereich – SB
- Puls >95 % der HFmax
- Belastungsempfinden extrem schwer – Tempo kann nur sehr kurz gehalten werden
- Dieser Bereich ist extrem fordernd und wird nur von wenigen Freizeitläufern erreicht. Sprechen ist nicht mehr möglich und du hältst das Tempo nur wenige Sekunden. Da die Herzfrequenz viel langsamer als dein Tempo reagiert, ist hier eine Pulsmessung wenig sinnvoll.
Die Trainingsbereiche auf einem Blicken einer Tabelle
Abk. | Puls | Belastung | |
Regeneration | REKOM | <65 % | sehr leicht |
Grundlagenausdauer | GA1 | 65 – 80 % | leicht |
Grundlagenausdauer | GA2 | 80 – 85 % | etwas schwer |
Entwicklungsbereich | EB | 85 – 95 % | schwer |
Spitzenbereich | SB | >95 % | am Limit |
Mit welcher Herzfrequenz soll ich trainieren?
Gemäß den Trainingsbereichen erkennst du sicher, dass mit unterschiedlichem Trainingspuls auch unterschiedliche Bereiche trainiert werden.
Im Bereich der Grundlagenausdauer (GA1) wird zum Beispiel deine Ausdauer trainiert. In diesem Bereich ist auch die Fettverbrennung prozentual (nicht absolut!) höher. Es werden also mehr Fette als Kohlenhydrate zur Energiegewinnung genutzt.
Möchtest du dagegen schneller werden, muss dein Herz schneller schlagen und du solltest regelmäßig im Entwicklungsbereich (EB) trainieren. Doch Achtung – ohne ein gutes Fundament an Grundlagenausdauer ist das nicht möglich.
Warum viele Läufer nicht schneller werden
Grob gesagt sollten 80 – 90 % deines Trainings und damit deine Laufeinheiten im Bereich der Grundlagenausdauer stattfinden und der Rest mit hoher Herzfrequenz im Entwicklungsbereich.
Das spannende ist aber, dass die meisten Läufer überwiegend im Bereich der Grundlagenausdauer 2 (GA2) unterwegs sind und dadurch kaum schneller und ausdauernder werden.
Achte bei deinem nächsten Training einmal darauf und laufe bewusst je nach Trainingsziel langsamer und schneller. Trainierst du einige Wochen nach diesem Prinzip, sinkt nicht nur dein Ruhepuls, sondern es steigt auch deine Pace.
Und welcher Läufer oder welche Läuferin möchte das nicht? Probier es aus …
PS: Kennst du schon den ausdauerclub? Das Online-Fitnessstudio speziell für Hobbyläuferinnen und -läufer bietet abwechslungsreiches Lauftraining ohne den ständigen Drang nach „Höher, schneller, weiter“. Ideal, wenn du dauerhaft mit Spaß dranbleiben möchtest.
Über den Autor des Artikels
Im Jahr 2008 fasste Torsten Pretzsch den Entschluss, sein Leben zu ändern. Sein erster Laufversuch endete bereits nach 15 Minuten. Doch Torsten gab nicht auf und entwickelte sich zu einem passionierten Läufer, der Jahre später mehrere Marathons und sogar einen Ironman absolvierte.
Der ausdauerclub ist heute Kern von Torstens Engagement, Menschen als Lauftrainer zu einem gesünderen Lebensstil zu motivieren. Mit erstklassigen Inhalten, anwendbaren Trainingsplänen und einer inspirierenden Community fördert der Club Anfänger wie Fortgeschrittene – vom ersten Lauf bis zum Halbmarathon und darüber hinaus.
Im ausdauerclub findest du als Hobbyläuferin oder -läufer alles Nötige, um dauerhaft verletzungsfrei und in Form zu bleiben, egal, wie alt du bist.