Basische Ernährung – Warum der Hype wissenschaftlich keinen Sinn macht.

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Inhaltsverzeichnis

Basische Ernährung – was soll man dazu noch sagen? Ich verstehe total, warum das Thema viele Menschen anspricht. Wer will nicht gesund und ausgeglichen sein, wenn uns ständig erzählt wird, dass unsere Ernährung alles beeinflusst, sogar den Säure-Basen-Haushalt des Körpers? Aber hier liegt das Problem: Es ist ein reines Marketing-Tool, das uns eingeredet wird, und es nervt mich, dass es so viele Menschen in die Irre führt.

Daher starten wir einen kurzen Ausflug in die medizinische Biochemie, denn da wird schnell klar, warum die basische Ernährung reiner Blödsinn ist und dein Körper viel cleverer reguliert, als uns die Industrie glauben machen will.

1. Der Magen: Warum die basische Ernährung hier schon scheitert

Fangen wir mal beim Magen an. Du hast absolut recht: Alles, was wir essen – ob sauer, basisch, neutral oder was auch immer – landet in einem Pool aus Magensäure. Und Magensäure ist nicht irgendeine milde Flüssigkeit, sondern ein richtig starkes Zeug mit einem pH-Wert von etwa 1 bis 3. Das ist vergleichbar mit Batteriesäure und existiert aus einem guten Grund: Sie hilft uns, Nahrung zu verdauen, und sorgt dafür, dass schädliche Bakterien oder andere Krankheitserreger direkt abgetötet werden.

Das bedeutet, dass jegliche basischen oder sauren Lebensmittel, die du zu dir nimmst, keine Chance haben, den Magen „unverändert“ zu verlassen. Sie werden durch die Magensäure einfach neutralisiert oder sogar „sauer gemacht“. In anderen Worten: Der pH-Wert der Lebensmittel spielt für den Magen absolut keine Rolle.

2. Was im Magen passiert, bleibt im Magen

Sobald die verdauten Nährstoffe den Magen verlassen und in den Dünndarm gelangen, passiert etwas Spannendes: Die Bauchspeicheldrüse gibt Bicarbonat ab, das die saure Magensäure wieder neutralisiert. Im Dünndarm herrscht nämlich ein eher basisches Milieu mit einem pH-Wert von etwa 7 bis 8, weil dort Enzyme arbeiten, die nur in diesem Umfeld aktiv sein können. Auch hier reguliert der Körper den pH-Wert ganz präzise, ohne dass du etwas dazu beitragen musst. Du könntest tonnenweise Zitronen essen oder literweise basisches Wasser trinken, aber dein Körper würde weiterhin den pH-Wert so anpassen, wie er es für richtig hält. Das Essen hat also bis hierhin keinerlei Einfluss auf den pH-Wert des Blutes oder auf dein allgemeines Säure-Basen-Gleichgewicht.

3. Der Blut-pH-Wert und warum er durch basische Ernährung nicht beeinflusst wird

Das Blut hat eine andere Herausforderung: Es muss immer einen pH-Wert zwischen 7,35 und 7,45 halten, und das so gut wie ohne Schwankungen. Dieser Wert ist unglaublich wichtig, weil selbst kleine Abweichungen dramatische Auswirkungen auf die Funktionsweise deines Körpers hätten. Der pH-Wert des Blutes ist quasi in Stein gemeißelt, und das ist auch gut so. Der Körper hat daher extrem ausgeklügelte Puffersysteme, die alles daran setzen, dass sich der Blut-pH-Wert nicht verändert – egal, was du isst.

Da gibt es zum einen das Bicarbonat-Puffersystem, das überschüssige Säuren und Basen im Blut abfängt. Zum anderen spielen die Lungen eine große Rolle, indem sie durch die Atmung Kohlendioxid (das sauer wirkt) abgeben. Dann sind da noch die Nieren, die bei Bedarf entweder Säuren oder Basen über den Urin ausscheiden. Sie arbeiten also Hand in Hand, um sicherzustellen, dass dein Blut immer den optimalen pH-Wert behält. Ob du nun ein großes Steak oder eine Schüssel Obst isst, hat keinen nennenswerten Einfluss auf den Blut-pH-Wert – dieser bleibt konstant, weil dein Körper dafür sorgt.

4. Wie die Nieren den Säure-Basen-Haushalt regeln – unabhängig von der basischen Ernährung

Die Nieren spielen hier eine Schlüsselrolle. Sie sind quasi das Reinigungs- und Regelungssystem, wenn es um Säuren und Basen im Körper geht. Wenn du Nahrungsmittel isst, die bei ihrer Verstoffwechselung saure Rückstände hinterlassen – zum Beispiel schwefelhaltige Aminosäuren aus Fleisch oder Fisch – dann scheiden die Nieren diese über den Urin aus. Das bedeutet auch, dass der pH-Wert deines Urins stark variieren kann, je nachdem, was du gegessen hast. Der pH-Wert des Urins sagt jedoch rein gar nichts über den pH-Wert deines Blutes aus. Er ist lediglich ein Hinweis darauf, dass dein Körper gut darin ist, Säuren oder Basen loszuwerden.

5. Mythos Übersäuerung: Was wirklich hinter dem Begriff steckt

Der Begriff „Übersäuerung“ wird in der alternativen Medizin oft völlig falsch verwendet. Eine echte metabolische Azidose, also eine Verschiebung des Blut-pH-Wertes in den sauren Bereich, ist eine schwerwiegende und seltene Stoffwechselstörung. Sie kann bei unkontrolliertem Diabetes (Ketoazidose), schwerem Nierenversagen oder im Schockzustand auftreten. In solchen Fällen kann der pH-Wert des Blutes tatsächlich gefährlich absinken. Das hat aber nichts mit deiner täglichen Ernährung zu tun, solange du keine schwere Krankheit hast.

Das Konzept, dass alltägliche Lebensmittel den pH-Wert deines Körpers so stark beeinflussen könnten, dass du „übersäuerst“, ist wissenschaftlich nicht haltbar. Dein Körper ist so konzipiert, dass er ständig seinen pH-Wert reguliert, egal was du isst. Die Vorstellung, dass bestimmte Lebensmittel den Körper „sauer“ machen und andere „basisch“ wirken, ist deshalb eine reine Fehlinterpretation dessen, wie unser Körper wirklich funktioniert.

6. Warum sich Menschen trotz basischer Ernährung manchmal besser fühlen

Hier kommt der psychologische Aspekt ins Spiel. Viele Menschen, die sich basisch ernähren, berichten von einem besseren Wohlbefinden. Das liegt aber höchstwahrscheinlich nicht daran, dass ihre Ernährung ihren Säure-Basen-Haushalt verbessert hat. Vielmehr essen sie automatisch mehr frische, unverarbeitete Lebensmittel, wenn sie einer basischen Ernährungsweise folgen. Obst und Gemüse sind natürlich gesund, weil sie viele Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe enthalten. Gleichzeitig vermeiden sie wahrscheinlich stark verarbeitete Lebensmittel, Zucker und ungesunde Fette – all das trägt zur Verbesserung des Wohlbefindens bei. Es hat aber nichts mit einer direkten Beeinflussung des pH-Wertes zu tun.

Fazit: Eine basische Ernährung hat nichts mit deinem pH-Wert zu tun

Letztlich ist die Idee der Säure-Base-Ernährung nicht nur wissenschaftlich unhaltbar, sondern beruht auf einem grundsätzlichen Missverständnis der Körperphysiologie. Dein Körper ist ein Meister darin, seinen Säure-Basen-Haushalt selbst zu regulieren. Er braucht dafür keine spezielle Diät. Wenn du gesünder essen willst, ist das großartig, aber mach es aus den richtigen Gründen – nicht, weil du denkst, dass du deinen Blut-pH-Wert damit beeinflussen kannst. Ernähre dich ausgewogen, iss viel Obst und Gemüse, und lass die Idee der „Übersäuerung“ dort, wo sie hingehört: Im Reich der Mythen.

Zoe Garnjost - Redakteurin für Ernährungsthemen im Fitnesswelt-Team

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Mein Name ist Zoe Garnjost, ich bin Ökotrophologin und Fitnesscoach. Du findest mich als @zoe_nutritionfacts bei Instagram.
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